Linda ist tot


Nach einem Einkauf im Bioladen entdeckte ich in einem abgepackten Kartoffelsack eine herzförmige Kartoffel der Sorte „Linda“. Oben auf der Kartoffel zeigten sich winzige Triebe. Ich fragte mich, wie sich diese Kartoffel in 1 bis 2 Monaten verändern würde, wenn ich sie einfach liegen lasse. Am Ende wurden es sogar 14 Monate, in denen ich ihren Werdegang mit meiner Kamera begleitete. Ohne einen einzigen Tropfen Wasser wurden die kleinen Triebe größer und größer. „Linda“ selbst wurde immer schrumpeliger, bekam mehr und mehr Falten, bis alles, was in ihr steckte, nämlich Wasser und Stärke, aufgebraucht war und sie vertrocknete. In der Zeit, in der ich „Linda“ fotografierte, kümmerte ich mich sehr intensiv um meine Mutter. Die ungefähr in der Mitte des Fotoprojektes mit 95 Jahren verstarb. Erst im Nachhinein ist mir bewusst geworden, dass ich mit der Beobachtung der Vergänglichkeit von „Linda“, den Tod eines geliebten Menschen verarbeitet habe.

 


Copyright © 2017 Kurt W. Hamann